Empirische Untersuchung von Mitarbeiterreaktionen nach einer mit einer variablen Bonuszahlung verbundenen Leistungsbeurteilung


In einer querschnittlich angelegten Fragebogenstudie bei einem internationalen Finanzdienstleistungskonzern wurde untersucht, wie sich günstige und ungünstige Ergebnisse eines Leistungsbeurteilungs- und Bonussystems, Prozessfaktoren eines fairen Beurteilungsgespräches und Faktoren der Verteilungsgerechtigkeit auf Mitarbeiterreaktionen auswirken. Damit wurde ein Thema aufgegriffen, für das bislang nur wenige empirische Studien im deutschen Sprachraum existieren, das jedoch aufgrund des hohen Verbreitungsgrades von Leistungsbeurteilungen in deutschen Unternehmen eine hohe Aktualität besitzt.


Insgesamt wurden 159 Führungskräfte und außertariflich bezahlte Mitarbeiter zu ihren Ergebniswahrnehmungen, Fairnesswahrnehmungen und Reaktionen nach einem Leistungsbeurteilungs- und Bonusprozess befragt. Als zweite Datenquelle wurden objektive Daten wie das „Leistungsrating“, die „prozentuale Leistungsbonushöhe“ und die „Vergütungsgruppe“ über ein Codierungssystem den individuellen Fragebogenantworten zugeordnet. An einer Teilstichprobe von 106 Mitarbeitern einer Vergütungsgruppe wurde untersucht, wie sich günstige bzw. ungünstige Ergebnisse, Fairnesswahrnehmungen während des Beurteilungsgesprächs und Variablen der Verteilungsgerechtigkeit des gesamten Beurteilungs- und Bonusprozesses auf Reaktionen nach der Beurteilung auswirken, die sich auf

a) den Beurteilungsprozess und das -system,
b) den Bonus und die Vergütung,
c) den Beurteilungs- und Bonusprozess insgesamt,
d) die Organisation und die berufliche Tätigkeit und
e) die direkte Führungskraft beziehen.


Es wurde zudem geklärt, welche Faktoren für die Bildung eines globalen Fairness-Urteils eines Leistungsbeurteilungs- und Bonusprozesses entscheidend sind und wie Mitarbeiterreaktionen auf einen Beurteilungs- und Bonusprozess mit dem affektiven Commitment zur Organisation zusammenhängen.

 

Ergebnisse

 

Mit Hilfe von Regressions- und Nützlichkeitsanalysen konnte unter anderem gezeigt werden, dass ein auf Fairnessprinzipien basierendes Gesprächsverhalten der Führungskraft sich positiv auf die Zufriedenheit mit und auf die Akzeptanz von Beurteilungsprozessen auswirkt. Zudem hat das Gesprächsverhalten der Führungskraft direkten Einfluss auf weitere Mitarbeiterreaktionen, wie z.B. auf die Motivation des Mitarbeiters, die eigenen Leistungen zu verbessern, auf dessen Arbeitszufriedenheit und auf das Vertrauen, das der Mitarbeiter seiner Führungskraft schenkt. Es zeigte sich in einem einseitig gerichteten Augmentationseffekt, dass durch ein faires Gesprächsverhalten stärkere positive Mitarbeiterreaktionen ausgelöst werden können, als durch die ergebnisorientierten Komponenten einer Leistungsbeurteilung, wie z.B. einem positiven Leistungsrating oder einer im Vergleich zu Kollegen höheren prozentualen Bonuszahlung. Umgekehrt ist es nicht möglich, einen unfairen und qualitativ schlechten Beurteilungsgesprächsprozess mit günstigen Ergebnissen (wie z.B. hohes Leistungsrating, höherer Bonus) zu kompensieren.

 

Die Führungskraft hat es über die Art der Gestaltung des Gesprächsprozesses und durch die Anwendung verteilungsgerechter Prinzipien letztlich in der Hand, ob die Beurteilung positive Konsequenzen entfachen kann. Diese Fähigkeit kann in Qualifizierungsmaßnahmen erlernt werden. Da es umgekehrt schwieriger ist, einen unfairen oder qualitativ schlecht gestalteten Gesprächsprozess über günstige Ergebnisse einer Leistungsbeurteilung wettzumachen, zeigt diese Studie, dass es sich lohnt, in einen fairen Gesprächsprozess zu investieren, um positive Mitarbeiterreaktionen auf Leistungsbeurteilungen zu verstärken. Die Ergebnisse haben sowohl Implikationen für das Design von Leistungsbeurteilungssystemen sowie für die Gestaltung von Qualifizierungsmaßnahmen.


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